Party
Oh süßer Duft des Lebens. Als der Qualm seiner Zigarette wieder aus meiner Nase weicht, grinst er mich an. “Wasn los heut mit dir? Machst heut auf Emo, oder was?” Ich antworte nach kurzem Zögern: “An dem Tag, an dem wir alles verstehen, wird das Universum sich auflösen und etwas noch viel Verwirrenderes auftauchen.” Wirkung folgt sofort. Der Erwähnte runzelt die Stirn, starrt nachdenklich ins Leere. Ich nutze die Gelegenheit und verschwinde in der Warteschlange für den Einlass.
Kaum bin ich drin, fällt mir auch wieder ein, wieso ich überhaupt raus bin. Ein gigantischer schillernder Brei bewegt sich in der Enge der eigenen Körper rhythmisch, aber irgendwie unbegabt zur Musik. Durchkommen nahezu unmöglich. Einzige Möglichkeit: Durchquetschen.
Murphys Gesetz, angewandt auf diesen Fall, besagt, dass die Wahrscheinlichkeit auf einen aggressiven Glatzengorilla zu treffen, der einem sofort auf die Fresse schlagen will, proportional zu dem eigenen Willen, Problemen aus dem Weg zu gehen., steigt. Kurz: Wenn du nicht willst, kriegst du erst richtig was auf die Fresse. Nachdem Glatzengorillas Freunde ihn endlich überzeugt haben, dass ich den Aufwand des Zuschlagens nicht wert wäre, flüchte ich in Richtung Balkon. Von dort blicke ich nachdenklich auf die tanzenden Menschen.
Doch sind das überhaupt Menschen? Ich beobachte einen Jungen, nennen wir ihn einfach Vokuhila. Vokuhila lässt seinen Blick kurz über die Menge schweifen, sieht dabei einem Adler auf Beutesuche verdächtig ähnlich, fixiert dann sein Opfer und drückt sich zielstrebig darauf zu. Das Mädchen schaut ihn zunächst interessiert an, dann flüstert er ihr was ins Ohr, sie zieht eine Miene, zeigt ihm deutlich was sie von ihm hält, dreht ihm den Rücken zu und tanzt weiter. Kaum angeschlagen beginnt Vokuhila sofort wieder mit der Beutesuche, kriecht auch schon wieder auf sein Ziel zu. Entweder ist dieses Mädchen empfindlicher, oder der Junge hat seine aggressive Anmachtaktik aufgrund seiner vorangegangenen Niederlage noch verschärft - ich tippe auf letzteres.
Als sich der runde rote Fleck auf seiner Backe dann deutlich abzeichnet, steht er bei seinem dritten Opfer. Er hat wohl aus seinen Fehlversuchen gelernt, oder vielleicht auch nur eine erwischt, der gefällt was er ihr ins Ohr flüstert. Auf jeden Fall kommen beide ins Gespräch, während ich mir ausmache was beide wohl reden:
- “Hi, ich bin Attila, wie heißt du?”
- ”Hi, ich bin Uschi.”
- ”Weißt du, Uschi, ich bin hier rein gekommen, und du bist mir als Erstes aufgefallen ...”
Kann ein normaler Mensch das aushalten? Ich beginne zu verstehen. Auf einer Party schalten wir Menschen ab, kehren zurück zu unseren urzeitlichen Instinkten: Essen, Trinken, Sex! Auf einer Party ist Vernunft fehl am Platz. Zitat aus Horvath “Jugend ohne Gott“:
„Die Feigheit mit der Tugend,
die Lüge mit der Gerechtigkeit,
die Erbärmlichkeit mit der Kraft,
die Tücke mit dem Mut.
Nur die Vernunft tanzt nicht mit.
Sie hatte sich besoffen,
hatte nun einen Moralischen
und schluchzte in einer Tour:
‚Ich bin blöd, ich bin blöd‘ -
Sie spie alles voll.“
zedl - 19. Mär, 20:20